¿Like Liebe a Primera Vista?
An interdisciplinary research process
A dancer and an actor search for traces of early colonialism. They‘re exploring the ghosts that are still haunting our stories, interactions and bodies, living in the hybrid landscapes of dance and theatre. Through movements, memories and auto-fictional storytelling they get lost in their languages and discover parallels of historical interdependence: Today's Venezuela was once the first German colony. ¿Like Liebe a Primera Vista? is an attempt to remember and re-map the world by being together.
Performance: Konstantin Bez, Juan Urbina
Composition & Performance: Fuji Rademaker, Set Design: Johana Gómez, Video: David Gómez Alzate
Dramaturgy: Annika Stadler, Production: Lisa Marie Stojčev, Outside Eye: Oscar Cuellar
Supported by Fonds Darstellende Künste with funds from the Federal Government Commissioner for Culture and Media within the program NEUSTART KULTUR.
#takeheart #fondsdaku #neustartkultur #likeliebe
An interdisciplinary research process
A dancer and an actor search for traces of early colonialism. They‘re exploring the ghosts that are still haunting our stories, interactions and bodies, living in the hybrid landscapes of dance and theatre. Through movements, memories and auto-fictional storytelling they get lost in their languages and discover parallels of historical interdependence: Today's Venezuela was once the first German colony. ¿Like Liebe a Primera Vista? is an attempt to remember and re-map the world by being together.
Performance: Konstantin Bez, Juan Urbina
Composition & Performance: Fuji Rademaker, Set Design: Johana Gómez, Video: David Gómez Alzate
Dramaturgy: Annika Stadler, Production: Lisa Marie Stojčev, Outside Eye: Oscar Cuellar
Supported by Fonds Darstellende Künste with funds from the Federal Government Commissioner for Culture and Media within the program NEUSTART KULTUR.
#takeheart #fondsdaku #neustartkultur #likeliebe
¿Like Liebe a Primera Vista? - Concept
¿Es mi nombre, estáis ciertos? ¿Tenéis todas mis señas? ¿Ya conocéis mi sangre navegable, Mi geografía llena de oscuros montes, De hondos y amargos valles Que no están en los mapas? —Nicolás Guillén, “El apellido”, Übersetzung s.u. Projektbeschreibung So unterschiedlich unsere Geburtsorte, das tropische Caracas und das schwäbische Tübingen, unsere kulturellen Prägungen und künstlerischen Perspektiven sind, haben sich unsere Lebensläufe doch mehrfach gekreuzt und bieten sich als Folie für das historische Kapitel deutsch-venezolanischer Geschichte an, das wir dem Vergessen entreißen wollen: Die erste deutsche Kolonie, die von 1528-1556 auf dem Gebiet des heutigen Venezuela bestand und der Spanischen Konquista in Brutalität und der Gier nach Gold und geopolitischem Einfluss in nichts nachstand. Konstantin hat sich bereits in seiner Bachelor-Arbeit im Fach Sozial- Kulturanthropologie mit der Thematik des frühen Kolonialismus der Welser, einer global agierenden süddeutschen Unternehmerfamilie, und dessen Rezeptionsgeschichte beschäftigt. Im Austausch mit Juan entstand daraufhin die Idee, auch künstlerisch mit dem generierten Material umzugehen und die szenische Konfrontation mit Juans von karibisch-venezolanischen Tanz-Traditionen inspirierten synkretistischen Bewegungsrepertoires zu suchen. Es existieren kaum Repräsentationen dieser frühen Phase deutscher Weltaneignung im kollektiven Gedächtnis. Stets werden “nur” die deutschen Kolonialverbrechen des 19. Und 20. Jahrhunderts betrachtet. Die blutigen Feldzüge des Schwaben Nikolaus Federman, die Ermordung und Versklavung tausender indigener und afrikanischer Menschen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, die den Beginn der „Zivilisierung“ Venezuelas markieren, scheinen dagegen noch ganz von kolonialer Amnesie verdeckt. Um eine bloße Reproduktion westlich-hegemonialer Diskurse zu vermeiden, wollen wir diese im Globalen wie im Persönlichen dekonstruieren: Wenn Nikolaus Federmann, wirklich noch einmal auftreten müsste, welche Figur gäbe er in einem postkolonialen Ballett ab? Wie ließe sich die imperiale Geste zeitgenössisch vertanzen, verballhornen? Juans Vertrautheit mit den afrokaribischen Tänzen der venezolanischen Küste werden uns als Manifestationen kreolisierten Wissens dabei helfen hinter der Fassade des heldenhaften Renaissance-Mannes die Grausamkeit des Feldherrn im Dienste der Vormachtstellung Europas zu erkennen. Welche proto-rassistischen Zuschreibungen, die uns heute nur allzu bekannt vorkommen, finden wir bereits in den Berichten der deutschen Konquistadoren? Und was halten die wachsenden Latinx-Communities in Deutschland eigentlich von diesem verdeckten Erbe? Wir glauben, dass sich in der künstlerischen Praxis zumindest ein symbolischer Weg zur Überwindung naturalisierter Ungleichheiten und willkürlicher Grenzziehungen aufzeigen lässt. Wie können, wie sollen wir uns erinnern? Und wie können wir, indem wir uns unsere geteilte Geschichte erzählen, aufeinander zugehen? Wir wollen durch dissidente tänzerische Interventionen das eurozentrische Primat der Schriftlichkeit, wirkmächtig in der Tradition des SPRECHtheaters und der ‘Arbeit des Schauspielers’, entlarven. Wir begeben uns auf eine imaginative Recherche-Reise durch Raum (2 Kontinente) und Zeit (5 Jahrhunderte) und finden Körpererzählungen und Irritationsmomente, mit denen wir die dominante GeschichtsSCHREIBUNG gegen den Strich bürsten und neues Licht auf Vergessenes und Verschwiegenes werfen. Bis wir schließlich wieder bei uns selbst landen. Denn untrennbar verbunden mit der Rekonstruktion der historischen Zusammenhänge und der spielerischen Kommentierung der damit verbundenen wirkmächtigen Diskurse, bleibt die Erinnerung an unsere persönliche Begegnung. So machen wir die Verflechtung von Persönlich-Gegenwärtigem und historischem Geworden-Sein erkennbar und regen dazu an, die jeweils eigene Perspektive angesichts globaler Machtstrukturen und historischer Dynamiken neu zu betrachten. |
Szenischer Entwurf
Die Urszene der „Entdeckung“ zeigt in etlichen Reiseberichten und pseudowissenschaftlichen Schilderungen den sogenannten „Erstkontakt“ mit nicht-westlichen Menschen. Über die Erweiterung des eigenen territorialen Anspruchs hinaus bestand kein Interesse an wirklicher Kommunikation. Wir karikieren diese Situation, indem wir sie mit unserer persönlichen Geschichte überlagern: Offene Fragen bleiben unbeantwortet, wage Vermutungen, Clichés, Vorurteile stehen im Raum, und die Perspektivität jeder Erinnerung wird deutlich. Keine Gewissheiten bestehen, nur Spuren, die uns in eine geteilte Vergangenheit führen. Die folgenden Texte können als ein Ausschnitt alternierender Monologe verstanden werden: Juan (auf Spanisch, Buchtitel: Deutsch) Warum hast du 2007 als 16-jähriger Gymnasiast den Drang verspürt, die Gemütlichkeit der schwäbischen Provinz zu verlassen, um ausgerechnet in Venezuela die große Freiheit zu finden? Venezuela, einem dir unbekannten Land, dessen Namen für dich so schön klang, obwohl du ihn so deutsch aussprachst: Fe-ne-zu-e-la… Hast du vielleicht zu viele Abenteuerromane gelesen? Die Schatzinsel? Robinson Crusoe? Oder: „Ein schön kurtzweilige Historia Niclaus Federmanns des Jüngern von Ulm erster Raise so er von Hispania un Andolosia ausz in Indias des Occeanischen Mörs gethan hat, und was ihm allda ist begegnet biss auff sein Widerkunfft inn Hispaniam, aufs kurtzest beschriben, gantz lustig zu lesen“!!! Konstantin (auf Deutsch) Was dachtest du, als du mich das erste Mal sahst? Ein bleicher, verwöhnter Europäer, der das Abenteuer sucht und deshalb mal eben nach Caracas geflogen ist? El Catire mit Föhnfrisur? Warum hast du dich denn Jahre später dazu entschieden deine Karriere als Tänzer in Deutschland fortzuführen. Erst Irland, dann Deutschland. Warum? Führt der Weg aus der Peripherie unweigerlich ins Zentrum? Juan, fühlst du dich hier im Zentrum? Und in Caracas? Eher provinziell, oder? Du hattest wenig an, und warst ganz mit Goldstaub bedeckt.. Damals, im Theater.. Stimmt doch, oder? Alle Tänzer trugen diesen Goldstaub auf der Haut. Juan, wie kann ich diesen Hautton beschreiben? Moreno? Piel morena? Piel morena dorada. Juan el dorado! El Dorado… Waren das nicht auch die Deutschen, die die Legende vom ‘Mann in Gold’ so missverstanden haben? Auf der Suche nach was? - einer Stadt aus Gold!!?? |
Images and videos Credit
Nebil Aytekin
Bia Vinzón
David Gómez
Ludger Storks
Nebil Aytekin
Bia Vinzón
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